Ein Bericht von Philipp und Nina
Tarifa – Europas Hauptstadt des Wind- und Kitesurfens. Seit einigen Wochen fiebern wir diesem Surfmekka entgegen, wollen diesen Höhepunkt unbedingt noch auf unserer Reise unterbringen. Tarifa ist Surfspot, Tor zu Afrika und ein Ort mit sehr vielen alternativen Lebensentwürfen. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen.
Nirgendwo sonst in Europa bläst der Wind so verlässlich wie hier an der Straße von Gibraltar. Die Meeresenge wirkt im Verbund mit den Mittelgebirgen im Hinterland von Tarifa und auf der afrikanischen Seite fünf Kilometer gegenüber auf die anströmenden Luftmassen wie eine Düse. Windstille ist hier äußerst selten. Meist blasen Levante oder Poniente so ordentlich, dass der Sand über den Strand fliegt und die maximale Segelgröße fünf Quadratmeter angesagt ist.
(P) Bei unserer Ankunft herrscht Westwind, der Poniente. Dieser Wind ist ein bisschen böig und schwankend und vor allem bringt er Atlantikwellen in die Bucht. Egal, sage ich am ersten Tag vor Ort, ausprobieren. Ich muss ja nur durch die Brandung kommen, draußen sind weniger Wellen. 10 Minuten später bin ich auf Kosten eines gebrochenen Mastes und eines kaputten Segels um eine Erfahrung reicher. Was war passiert? Über die erste Welle komme ich noch gut drüber weg. An der zweiten Welle fällt das Segel ins Wasser und auf einmal finde ich mich im Weißwasserbereich, in dem die Wellen brechen. Binnen Sekunden gerate ich 2-3 mal in die Waschmaschine der brechenden Wellen, danach kann ich nur noch das gebrochene Segel aus dem Sand ziehen. Scheibenkleister! Wenigstens bin ich nicht allein der Depp. Einem Kollegen vom Campingplatz ist es 10 Miunten später genauso ergangen. Die restlichen Stunden des Tages verbringen Leidensgenosse Klaus und ich dabei, die mehrfach gebrochenen Latten aus den Segeln zu entfernen.
Der Vorteil von so einem großen Surfspot wie Tarifa ist, dass es Surf-Infrastruktur, d.h. Surfshops und Reparaturwerkstätten in Hülle und Fülle gibt. Also am nächsten Morgen mit dem defekten Segel zur Werkstatt und 24 Stunden später kann man ein instand gesetztes Segel wieder mitnehmen. Der Mast und Gabelbaum sind nicht zu retten, mit ein paar Vergleichen bekomme ich im dritten Shop erstklassigen Ersatz. Nachmittags weht Thermikwind und mit dem neuen Material und meinem größten Segel versuche ich erneut mein Glück. Diesmal habe ich die Brandung genau studiert und setzte den flinken Beach Start genau im richtigen Moment. Ohne Probleme carve ich durch die Brandung und dann heize ich in den Schlaufen mit viel Druck im Trapez auf Afrika zu. Okay, weiter als 1 km bin ich wohl nicht vom Ufer entfernt, aber vom Wasser sind die Berge des Atlasgebirges sehr gut zu sehen.
Nach zwei Tagen verliert der Poniente die Puste und schläft ein. In ein paar Tagen soll Ostwind ankommen, der Levante. Wir bleiben in der Bucht von Tarifa, am Strand Valdevaqueros auf einem kleinen Parkplatz, direkt am Strand. Hier hat sich eine kleine Surfergemeinde eingefunden. Viele Leute haben Hunde dabei, das heißt Elton findet ständig Spielkameraden und rennt mit ihnen über den Strand. Ab und an wandern wir auf die hohe Düne und genießen den Ausblick auf die Bucht und das gegenüberliegende Afrika. Die windschwache Zeit nutzen wir für Spaziergänge, Sonnenbaden und Ausflüge in die Stadt.
(N) Es ist Windstill. Was eignet sich da besser, als ein vorsichtige Frage im Walbüro „Firmm“ (www.firmm.org) was so ein Trip kosten solle und wann das nächste Boot rausfährt. Die Antwort: In einer halben Stunde ist noch Platz auf dem Boot. Nutzen Sie das Wetter heute, morgen soll wieder der Levante auffrischen und dann wir es wohl nichts. Leider könne der Hund nicht mit aufs Boot aber die Dame bietet an, Elton so lange zu sich ins Büro zu nehmen. Wir lehnen das zunächst ab und kaufen nur eine Karte. Am Auto angekommen fällt uns eine andere Lösung ein und schwupp wird Eltons Transportkorb ausgebaut und in das Walbüro gebracht. Wir kaufen eine zweite Karte und lassen Elton in seinem Transportkorb im Büro zurück. So muss es halt auch mal gehen.
Ich gehe dann schon mal schnell vorweg, um mir die Einweisung anzuhören. Da ich mich nicht als Deutsche outen will, höre ich mir die Einweisung auf English an. Einweisungen in 3 weiteren Sprachen (D/FR/SP) gibt es erstaunlicherweise auch. Danach geht es ab aufs Boot. Ich bin allerdings etwas enttäuscht, dass dann doch gefühlte 80 Leute die Tour gebucht haben. In Cork wurden wir da wirklich verwöhnt. Dann fahren wir erst mal aus den Hafen raus und Richtung Afrika. Als erfahrende Walbeobachterin sitze ich natürlich brav auf meinen Platz und warte, bis die Ersten was sehen. Das kann ja schließlich schon mal über eine Stunde dauern. Mit von der Partie ist auch mein eigens dafür angeschafftes Fernglas, aber wie sich herausstellt, haben die Wale wohl einen Vertrag mit der Company abgeschlossen und tauchen ca. 45 min. nach Abfahrt in der Nähe vom Boot auf und lassen sich erst mal in aller Seelenruhen bestaunen. Fast jeder Grindwal wird namentlich benannt, schließlich kann man hier auch für 50 Euro im Jahr eine Patenschaft übernehmen. Darüber hinaus sehen wir Tümmler und zum Schluss auch einige Delfine. Hier haben wir uns mit den Fotos zurückgehalten da die Bilder aus Irland einfach viel schöner gewesen sind. Das Boot fährt nicht schnell genug, so dass die Delfine wohl keinen Spaß haben, neben uns herzuschwimmen und Sprünge zu zeigen. Trotzdem ist es wieder eine schöne Erfahrung, die ich nicht missen möchte.
Leider hat sich mein Wunsch wieder nicht erfüllt, die richtig großen Wale zu beobachten. Aber ich bleibe dran!! Ein Walplaner habe ich mir vorsorglich schon mal runtergeladen! https://whaletrips.org/de/whaleplaner
(P) Nach drei Tagen Flaute dreht der Wind auf Levante. Auf dem Parkplatz kommt der Wind nur als schwaches Lüftchen an, aber 50 Meter auf dem Wasser fliegt die Gischt über die Wellenkronen. Ich fahre einmal mit meinem kleinsten Segel raus und gleich wieder rein. Für diesen Wind habe ich das falsche Material dabei. Auch als passiver Surfer kann man das Spektakel von 200 Kites und 50 Surfern in der Bucht mit Begeisterung beobachten. Am Besten von der großen Düne, auch wenn Elton und ich dort gesandstrahlt werden. Nach fünf schönen Tagen sagen wir Adios Tarifa. Vom südlichsten Punkt unserer Reise geht es nun wieder heimwärts gen Norden.
Tarifa,
da wird mein Kiterherz hellhörig,
Euch viel Spaß und weiterhin so schöne Berichte von Euch!!!
Grüße aus Leipzig
Kai
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